Senin, 21 April 2008

TURKMENISTAN

Montag 21.04.2008 62. Tag der Tour 5. Tag in Turkmenistan

Ich fahre Interessehalber zum Flughafen. Toller Tower als Blickfang. Lufthansa hat ein Büro. Die Dame spricht zwar nicht Deutsch, aber perfekt english. ASHGABAT - FFM kostet 540 € / Return 733 €. Das Postamt ist nur beschildert, aber nicht existent. Telefon nach Deutschland kostet mit 3 Minuten mindestabrechnung 66.000 Manat oder 3,79 USD / 2,39 €.

Vor dem Flughafen treffe ich ein Fahrzeug von EMS. So erfahre ich, das die Sendung von Schlumpf Tiblisi offensichtlich nicht verlassen hat.

Ein Besuch der deutschen Botschaft war, wievermutet, sinnlos. Die britische Botschaft im gleichen Gebäude versäumt wie die deutsche Botschaft auf die kostenlose Internetmöglichkeit bei der US-Embassy (ebenso im gleichen Gebäude) hinzuweisen.

Die Regierung hat beschlossen, den Kurs des USD in seinem Land auf 11.000 Manat/Dollar fallen zu lassen. Derzeit sind wir bei 17.400.

Ich kaufe im Restaurant des 5 * Hotels AKALTYN eine Tomatensuppe zu 36.000 Manat (1,17 € nach altem Kurs, 1,32 nach neuem) und Pommes zu 30.000 Manat. Ich zahle 4 USD und kann arangieren, das ich 3.500 Manat zurück kriege, was hier ungewöhnlich ist, denn Hotels wechseln nicht, auch wenn dies Einheimische anders darstellen. Falls doch mal gewechselt wird, gibt es nur 15.000 Manat für einen Dollar. Also ein paar Sandalen weniger je 80 gewechselten USD oder so ähnlich.. Das Essen in diesem Luxusrestaurant ist zwar doppelt so teuer, wie in anderen Restaurants und 4 x so teuer wie auf dem Markt (Bazar), aber dafür gibt es auch getoastetes Brot und Butter zur gratinierten Suppe und mir ist so auch der Eintritt in die Hoteleigene Discothek (23-5.00) garantiert.

Bis 24 Uhr muß ich allerdings mit dem Tanzen warten. Nach 1,5 Stunden dann Aufbruch zum Schlafpaltz unter der Brücke.

21,25 km in 1 Stunden 13´23 mit Durchschnitt 17,3, Max 37, 49 Höhenmeter, maximale Höhe 247 m mit 1 % Durchschnittssteigung, 4 % Max.

Gesamt seit Tiflis: 9.078 Höhenmeter auf 953 km

3682.7 km insgesamt mit 33148 Höhenmeter + 500 km per Truck + ca 5 per MFG

Ich dokumentiere im folgenden noch einen Artikel über Turkmenistan in 2006 vor dem Tod Tukmenbashis – The Great (leider ohne die Bilder)

Besuchen: Turkmen Fine Arts Museum (Eintritt Locals 10000 Manat Foraigners 10 USD

TURKMENISTAN

Im Land des großen Turkmenbashi

Der zentralasiatische Staat Turkmenistan ist in der Welt kaum0 bekannt. Und der Präsident des Landes unternimmt alles, damit es so bleibt. Der Personenkult um den Turkmenbashi findet keine historische Parallelen. Alles im Land lenkt der Präsident – mit oftmals sehr grotesken Zügen. Erfahrungen und Beobachtungen der Mitarbeiterin eines großen deutschen Unternehmens, die sich im Land umgesehen hat. Die Namen ihrer Gesprächspartner wurden geändert.


Von Katrin Heinritz

31.03.2006

"alk Beyyik Watan Turkmenbashi“ - mit diesen Worten überlebensgroß an die Wände des Flughafens von Ashgabat geschrieben – begrüßte mich der große Führer, der meine offizielle Einreise nicht genehmigen wollte. Auf dem Weg in die Stadt sah ich kaum ein öffentliches Gebäude, an dem er nicht in voller Schönheit prangte – er schien omnipräsent. Olga, deren Eltern Ukrainer sind, die aber in Turkmenistan aufgewachsen ist, erzählte mir gleich zu Anfang von einer schier unglaublichen Groteske: Der mittlerweile 65-jährige Präsident ergraute natürlicherweise. Auch auf allen öffentlichen Plakaten und den Geldscheinen wurde er mit grauen Haaren abgebildet – irgendwann ließ er sich die Haare jedoch nachfärben – und in einer Nacht- und Nebel- Aktion wurden alle „ergrauten Plakate“ entfernt, die Geldscheine neu gedruckt und die Bücher, in denen er mit grauen Haaren abgebildet war, entfernt. Grotesk – dachte ich. Aber das war erst der Anfang. - In Turkmenistan muss man lernen, dass nicht alles logisch erklärt werden kann. „L’etat c’est moi“ – das Leben der Menschen, die Stadtkulisse, alles dominiert der Präsident.

Ashgabat macht einen sehr sauberen, ordentlichen Eindruck – überall sieht man säubernde Putzkolonnen – an den Straßenrändern, in allen neu angelegten Parks, die alle dem Präsidenten und seiner Familie huldigen. Nur eigenartig, dass kaum ein Passant die zahlreichen Springbrunnen, die schön angelegten und permanent gereinigten Wege in den Parks nutzt. Seltsam einsam wandelnd falle ich überall auf. „Diese Parkanlagen sind nicht für uns. Sie gehören nicht zu unserer Kultur. Außerdem schätzt es Turkmenbashi nicht, wenn diese monumentalen Bauten als Teil des Alltags empfunden werden. Sie sollen ihm zu Ehren in Hochachtung gehalten werden. Daher gehen wir nur an Feiertagen durch diese Anlagen,“ so erklärte es mir Valerij, mein Fahrer, der mir für die Zeit meines Aufenthaltes zur Verfügung stand.

Ich muß aufpassen, wem ich was erzähle. Offiziell erhalten Politikwissenschaftler keine Einreiseerlaubnis. Auch keine Journalisten oder Korrespondenten. Dem Vertreter des Goethe-Institutes hat man einfach sein Visum nicht verlängert. So macht man es immer, wenn jemand gehen soll, oder gar nicht erst kommen – es gibt einfach kein Visum (mehr). Um so vorsichtiger muss ich sein. Ich gehe offiziell also meiner Arbeit nach und versuche nebenbei, das Land kennenzulernen.



Die vergoldete Statur Turkmenbashis dreht sich mit dem Stand der Sonne


Das monumentale Einfahrtstor zur turkmenischen Hauptstadt Ashgabat


Eines der zahlreichen Monumente für den großen Turkmenbashi





Der Regierungs-Prunkpalast von Ashgabat


Der pompöse Palast des Turkmenbashi


Turkmenbashis Porträt prangt auf (fast) allen öffentlichen Gebäuden, wie hier auf dem des Fernsehsenders „Altyn Asyr“ (Goldenes Zeitalter)


Das offizielle und das reale Gesicht

Glaubt man offiziellen Äußerungen, ist Turkmenistan ein Vorzeigeland par excellence. Es gibt keine Arbeitslosen, keine Armut, keine Drogentoten oder HIV. Die Gesundheitsversorgung soll besser sein als in allen anderen zentralasiatischen Ländern, der Bildungsstand natürlich auch. Der Lebensstandard der Bevölkerung ist um ein Wesentliches höher als in allen anderen Ländern der Region. Doch schon nach drei Tagen im Land weiß ich intuitiv, dass ich den offiziellen Statistiken keinen Glauben schenken darf. Armut ist ein sehr dehnbarer Begriff. Wasser, Gas, Strom und Salz stehen jedem Turkmenen zwar kostenlos zur Verfügung. Darüber hinaus ist Wohnraum nicht wirklich teuer. Aber reicht das zum Leben? Seit 2004 ist die Schulzeit auf 8 Jahre begrenzt. Die zweisprachigen Schulen sind bis auf einige wenige geschlossen. 2003 wurde die doppelte Staatsangehörigkeit abgeschafft. Sukzessive wird alles Russischsprachige aus dem Land verwiesen. TV-Sender werden wie auch die russischsprachigen Tageszeitungen geschlossen.

„ Entscheide ich mich, Turkmene zu werden, kann ich das Land kaum noch verlassen, da nur sehr begrenzt Ausreisevisa erstellt werden. Entscheide ich mich, Russe zu werden, muss ich jedes Jahr horrende Summen für ein Visum bezahlen. Will ich das Land verlassen, kann ich meine Wohnung nur für einen Bruchteil des realen Wertes verkaufen. Was für eine Chance habe ich denn noch?“ fragt sich Olga.

„Und was lernen unsere Kinder?“ Turkmenbashi hat seine Bücher und Gedichte zum Lerninhalt in den Schulen und Universitäten gemacht. Sein zentrales Werk ist die „Ruhnama“, in der das turkmenische Volk verherrlicht wird – neben Turkmenbashi und seiner Familie. Darüber hinaus ist es Erziehungslehrbuch, moralischer Kodex und von besonderer religiöser Bedeutung. Dabei schreckt Turkmenbashi nicht vor Verdrehungen der Geschichte zurück. Viele Passagen der Ruhnama sind Fiktion. Dabei gibt es in Turkmenistan kaum anderes in Buchläden zu kaufen als seine Werke. „Wir werden bewusst verdummt. Turkmenbashi braucht keine gelehrten Bürger, sondern ein willenloses, ihm höriges, ihm huldigendes Volk,“ so Valerij, der Biologie und Chemie studiert hat.

Turkmenbashi bestimmt was Recht ist.

Die Universität in Ashgabat zählte noch Ende der 80er Jahre über 20.000 Studenten. Jetzt sind es gerade noch 9.000 – mit stark abnehmender Tendenz. „Gerade wurde die rechtswissenschaftliche Fakultät geschlossen- Warum? Wir haben jetzt ein ‚Gerechtigkeitsministerium‘ – Turkmenbashi bestimmt, was Recht ist,“ so Vasilij, promovierter Jurist. Vasilij war Dozent am juristischen Lehrstuhl, bis dieser 2004 geschlossen wurde. Obwohl seine Familie aus Russland stammt, hat er sich für die turkmenische Staatsangehörigkeit entschieden. „Meine Kinder haben es sonst so schwer in der Schule. Sie bekommen automatisch schlechte Noten, wenn die Eltern sich für die russische Nationalität entschieden haben. Nicht, dass die Noten in der Schule irgend etwas bedeuten würden. Dort wird ohnehin nur getanzt und Ruhnama gelesen – auch in der Universität, in jeder Fakultät wird nur noch Ruhnama erläutert, Turkmenbashis Genialität gelobt. Und zu den wenigen privaten Schulen erhält man nur Zutritt, wenn die Noten sehr gut sind.“ - Turkmenbashi bestimmt, was seine Bürger wissen müssen. So hat er die Lehrpläne überarbeitet. Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften wurden fast vollständig gestrichen. Die nach seinen Vorgaben verformte Geschichte Turkmenistans ist elementarer Bestandteil seines Lehrplanes. „Er lässt sein Volk verdummen. Er lässt keinem die Chance, sich überhaupt noch zu bilden. Die Ausreise für ein Studium ist kaum möglich. Und wenn doch, so wird der im Ausland erworbene Abschluss in Turkmenistan nicht anerkannt. Wozu also der Aufwand?“

Resignation und Perspektivlosigkeit machen sich insbesondere in der jungen Bevölkerung breit. Dabei lässt sich beobachten, dass die Bevölkerung sich nicht fundamentalisieren lässt, sondern in fatalistischem Gleichmut verharrt. Dies gilt primär für die städtische Bevölkerung. Obwohl offiziell bestritten, ist in Turkmenistan mit einer Drogenabhängigkeitsquote von um die 40 Prozent auszugehen. Angesichts der Perspektivlosigkeit fast verständlich, betrachtet man ferner, dass die Hauptabsatzroute für Heroin durch Turkmenistan führt. Drogen sind extrem günstig und fast überall zu haben. Turkmenbashi scheint die Geschäfte zu tolerieren, verdient er doch selber am meisten daran.

Die Politik des Landes folgt den täglichen Launen des Präsidenten

Im Grunde genommen ist das Leben in Turkmenistan einfach: Man halte sich einfach an Turkmenbashis Vorgaben. Einfach? Wenn da nur nicht die Unberechenbarkeit des Diktators wäre. Minister werden entlassen und eingestellt, Institute geschaffen und geschlossen, gerade nach der täglichen Laune des Präsidenten. Betrachtet man die Veränderungen in den Ministerien der letzten zwei Jahre, so sind nicht weniger als 50 personelle Wechsel zu verzeichnen. Von einer kontinuierlichen Politik kann nicht die Rede sein. „Wir leben in einer unberechenbaren Berechenbarkeit. Turkmenbashis Stimmungsschwankungen sind das eine. Aber die folgen einem gewissen Zyklus. Nach drei-vier Wochen weiß man, dass jemand wieder entlassen werden muss,“ so ein Mitarbeiter eines westlichen Unternehmens.

Bizarr. Das ganze Land erscheint bizarr. Dekadent der Führungsstil des Präsidenten. So ließ sich der Präsident ein hochmodernes Krankenhaus mit den neuesten Einrichtungen bauen – mit separatem Eingang für sich und natürlich zwei nur für ihn reservierte Krankenhaustrakte.

Manche westeuropäische Krankenhausleitung würde sich mehr als glücklich schätzen über ein so hochwertig eingerichtetes Krankenhaus. Vorgesehen sind Krankenstationen im ganzen Land, die via Satellitenübertragung in der Hauptstadt medizinisch angeleitet werden könnten. Doch das Spezialistenteam entließ der Präsident – ohne Angabe von Gründen. Das neu eingesetzte Team verfügte nicht über das spezielle Know-how, um das System sinnvoll zu nutzen mit dem Ergebnis, dass sie keinerlei Ergebnisse mehr liefern konnten – weshalb sie ebenfalls entlassen wurden. Den darauffolgenden Teams erging es ebenso und wird es weiterhin so ergehen. Ärzte trauen sich kaum, Menschen zu behandeln, da es verboten ist, dass ein Patient während einer Behandlung, während einer Operation versterben darf. Kein Wunder, dass es offiziell keine ernsthaften Krankheiten in Turkmenistan gibt. Turkmenbashi selbst lässt sich nur von deutschen Ärzten behandeln.

Diese Fakten lassen es nicht mehr verwunderlich erscheinen, dass auch im Bereich der Zahnmedizin bizarre Verhältnisse herrschen. Bevor ein neuer Behandlungsstuhl für den Präsidenten in Betrieb genommen wird, müssen erst etliche Turkmenen die Funktionen des Stuhls erprobt haben. Dies läuft folgendermaßen ab: Der Präsident benötigt eine neue Zahnprothese – mehrere Turkmenen mit in etwa gleicher Körperstatur wie der Präsident müssen sich ihre Zähne ziehen und sich eine Prothese anfertigen lassen – diese ist jedoch nicht ihrem Mund angepasst, sondern dem des Präsidenten.

Monument zu Ehren des Präsidenten-Vaters


Einer der öffentlichen Plätze – wie fast immer: menschenleer


Monument „Ruhnama“, das „elementarste Buch für alle Turkmenen“





Städtisches Krankenhaus für die Turkmenen


Krankenhaus mit separaten Eingang für den Präsidenten


Der Gesundheitspfad – Tausende Betonstufen durch die Berge


Ein fünfzig Kilometer langer Gesundheitspfad aus Beton

Dabei bemüht sich der Präsident um die Gesundheit seiner Bevölkerung. So ließ er mitten in den Bergen einen sogenannten Gesundheitspfad erbauen – ca. 50 Kilometer quer durch die Berge. Der Weg besteht zum großen Teil aus Betontreppen, die unregelmäßig hoch und breit sind und führt durch Regionen, in der bekannterweise Klapperschlangen leben. Jede Schulklasse ist verpflichtet, diesen Weg zu absolvieren. Auch sein Ministerium muss nach seinem Gusto diesen Weg absolvieren. Dem Spektakel wohnt er dann in einer Art Sänfte bei.

Etwas außerhalb der Hauptstadt ließ sich Turkmenbashi von einer französischen Baufirma ein Prunkschloss errichten. Jeden Morgen wird die Zufahrtsstraße zum Präsidentenpalast gesperrt, damit er freie Fahrt hat. Offiziell steht Turkmenistan allen Touristen offen. So lautet die Lesart für die Bevölkerung seines Landes und die wenigen internationalen Organisationen, die sich in gewohnter alljährlicher Regelmäßigkeit über die Nichteinhaltung der Menschenrechte in Turkmenistan informieren. Daher ließ Turkmenbashi auch die Zufahrtsstraße von seinem Wohnsitz zum Präsidentenpalast mit prunkvollen Hotels bestücken. Hier handelt es sich jedoch um Potemkinsche Dörfer. Die Hotels stehen zum größten Teil leer.

Ebenso skurril sind die weißen Hochhäuser der Innenstadt. Turkmenbashi wollte seiner Hauptstadt das Flair einer „echten“ Hauptstadt verpassen und ließ etliche weiße Hochhäuser errichten. Zieht man in Betracht, dass sich Ashgabat in einer erdbebengefährdeten Region befindet, erscheinen diese Hochhäuser nicht nur als wirklichkeitsverleugnend. Angesichts der Tatsache, dass alle Hochhäuser nicht bewohnbar sind, sondern als Attrappen lediglich die Skyline der Stadt verschönern sollen – sie haben weder Wasseranschluss noch Strom -, wird die Verschwendungssucht des Präsidenten um so deutlicher.

Verschwendungssucht nach Art Ludwigs XIV.

Der allmächtige Präsident ließ auch mitten in der Wüste eine der größten Moscheen der Region erbauen – mit einer mehrstöckigen Tiefgarage. Keiner weiß wofür – vielleicht für die mit Kamelen anreisenden Pilger?

Turkmenbashi baut ein zentralasiatisches Walt Disney – obwohl er alles Westliche verteufelt. Er lässt inmitten der Wüste eine Eissporthalle errichten, er veranlasst die Bepflanzung der Wüste mit Bäumen, da „die Wüste ergrünen soll“. Seine unzähligen Wasserfontänen und Springbrunnen in der Stadt, seine kilometerlangen - und an Quadratmeterzahl riesigen - Bewässerungsflächen betreibt er ohne Rücksicht auf das in dieser Region so kostbare Gut Wasser. So geschieht es, dass im Sommer etliche Wohnblocks kein Wasser haben, da die Wasserspiele des Präsidenten alles Wasser benötigen.

Finanziert wird dies durch die Einkünfte aus den Erdöl- und Erdgasverkäufen. Turkmenistan steht an dritter Stelle mit seinen Erdgasreserven in der Welt. Fatal nur, dass es einseitig von der Russischen Föderation abhängig ist, da alle Erdgaspipelines durch und über russisches Gebiet laufen. Dies ist der geostrategische Nachteil Turkmenistans. Mit Nachbarn wie dem Iran und Afghanistan, ohne Zugang zu den Weltmeeren, muss es das einseitige Diktat der Russischen Föderation bezüglich der Erdgaspreise akzeptieren. Trotz allem ermöglichen die Staatseinnahmen Turkmenbashi seinen bizarren Führungs- und Lebensstil.

Turkmenistan ist Turkmenbashiland

Es mussa sicherlich nicht erwähnt werden, dass Turkmenbashi auch die Ernteerträge bestimmt – nichts wird dem Zufall oder der Witterung überlassen. Als „Prophet“ wird er seit seiner Ruhnama bezeichnet. Öffentlich wird Turkmenbashi nicht kritisiert, da die Gefahr der sofortigen Inhaftierung mit lebenslangem Arbeitslager sowie vollkommene Enteignung der gesamten Familie drohen. Daher sind nur positive Äußerungen über den Präsidenten vernehmbar. Die Opposition im Ausland wird in Turkmenistan – sofern sie überhaupt wahrgenommen wird – nicht akzeptiert, da diese zum größten Teil aus ehemaligen Nutznießern des Turkmenbashi- Regimes besteht, die Turkmenbashi irgendwann einmal fallen ließ. Eine echte Opposition ist auch nicht im Land zu spüren. Viele betäuben sich durch Drogen. Mittel der Kommunikation fehlen und die allgegenwärtige Verleumdungsgefahr hemmt nahezu jedermann, sich kritisch über das System zu äußern.

Westliche Länder sind kaum an echter Kritik interessiert, da sie abhängig sind von den Gaslieferungen. Trotz seiner Unberechenbarkeit bleibt Turkmenbashi ein gewisser stabiler Garant in dieser krisengeschüttelten Region. Turkmenistan ist abgeschottet vom Rest der Welt, dabei verfügt es über wunderbare historische Schätze – eine Goldkammer für Archäologen. Die traumhafte Berglandschaft ist der Weltöffentlichkeit nicht bekannt.

Dieses Land nimmt zunehmend groteskere Züge an – die Frage steht im Raum, was kommen wird. Ein zweites Afghanistan? Noch stellt der Präsident einen gewissen Stabilitätsfaktor dar. Er ist auf Lebenszeit gewählt. Aufgrund der guten medizinischen Versorgung durch deutsche Spezialisten sollte Turkmenbashi – Jahrgang 1940 – noch etliche Jahre leben. Seine Frau hingegen hat es längst vorgezogen, mit ihrer Tochter nach Moskau überzusiedeln. Der Sohn Turkmenbashis lebt in London.

In weiten Teilen Turkmenistans leben Nomaden. Diesem Bevölkerungsteil scheint die Politik ihres Präsidenten zum größten Teil egal zu sein. Mit nomadisierenden Familien im Land Kontakt aufzunehmen, war mir leider nicht möglich. Als Umschlagplatz für die gesammelten Nachrichten kamen die Märkte in Frage. Auf den dort geführten Gesprächen beruhen die zitierten Äußerungen.
*

Poesie in Aschkabad

Der turkmenische Präsident Nijasow ist nicht nur autoritärer politischer Führer seines Landes, sondern seit jüngster Zeit vor allem auch Poet.

Von Nico Lange

EM 09-03 · 25.09.2003

- Saparmurat Nijasow ist ein Mann der alles hat: einen lebenslangen Sitz im Präsidentenpalast, reiche Gas- und Ölvorkommen, einen Platz im „Partnership for Peace-Programm“ der NATO und, wegen der im Afghanistan-Krieg gewährten Überflugrechte, neuerdings sogar die Freundschaft der USA. Eine Freundschaft, die mit umfangreicher Finanzhilfe verbunden ist. Doch für Nijasow ist das alles nicht genug. Seit einiger Zeit sieht er sich selbst vor allem in der Rolle des Poeten und die turkmenische Nation als sein dankbares Publikum.

Die Einstellungspraxis in den öffentlichen Dienst Turkmenistans erinnert aktuell auf fatale Weise an die Vogonen aus Douglas Adams' utopischer Satire „Per Anhalter durch die Galaxis“. Der Kommandant des vogonischen Raumschiffes trägt in diesem Roman wiederholt sehr schlechte Gedichte vor, die von Untergebenen und Gästen ausschweifend gelobt werden müssen. Sonst droht ihnen die Todesstrafe. Ähnlich verquere Zustände herrschen in Turkmenistan. Beim Bewerbungsgespräch muss jeder Aspirant auf einen Posten im Staatsdienst die vom Präsidenten in lyrischer Form verfassten moralischen Grundsätze (die Ruchnama) auswendig können.

„Wenn ein Schwein die Leiter hinaufklettert…“

Die kreative Energie des Präsidenten ist in Turkmenistan derzeit omnipräsent. In dem Frauenmagazin Gurbansoltan Eje - das übrigens nach der Schwiegermutter Nijasows benannt ist - warnte der Lyriker kürzlich vor drei Gefahren, denen die Turkmenen zukünftig immer wieder gegenüberstünden: Egoismus, Ungerechtigkeit und interne Streitigkeiten. Wenn diese Gefahren nicht bekämpft würden, stünde die Zukunft des Landes auf dem Spiel. Oder, wie Nijasow es ausdrückt: „… der Feind hat viele Mittel, der Feind hat viele Wege … überall ist Gefahr.“

Mit eigentümlicher Lyrik warnt der Präsident vor der Gefahr unloyaler Minister und Gouverneure: „Wenn ein Schwein die Leiter hinaufklettert, wird die Einheit der Nation verloren sein.“ In weiser Voraussicht kündigt er an, „wenn schlechte Dinge kommen, wird das Böse die Welt beherrschen.“ Nijasow rezitierte seine epischen Verse in einer Kabinettssitzung, nachdem er einen ranghohen General wegen angeblicher Vorbereitungen zum Umsturz gefeuert hatte.

Der turkmenische Journalist Naz Nazar (Radio Free Europe) interpretiert die präsidiale Dichtkunst vor allem als Ausdruck der Angst vor einem coup d'etat oder oppositionellen Bewegungen im Volk. Und auch von Außen wird möglicherweise bald Druck auf den turkmenischen Poeten ausgeübt werden. Der republikanische US-Senator Chris Smith hat den turkmenischen Präsidenten und die Unterstützung der Vereinigten Staaten als öffentlichkeitswirksames Thema für sich entdeckt und gefordert, die Finanzhilfe für das Regime in Aschgabad zu überdenken. Aber auch für dieses Ungemach hat der Barde Nijasow das passende Sprüchlein parat: „Es ist eine unvorhersehbare Welt, wie ein Rad sich immerfort drehend.“

Katrin Heinritz, Jahrgang 1974, studierte in Tübingen und Moskau Politikwissenschaft und Geschichte. Zur Zeit schreibt sie ihre Doktorarbeit mit dem Titel: „Regionale Politik und Herrschaftsformwandel im postsowjetischen Raum nach dem Ende der Sowjetunion bis heute. Am Beispiel der Republiken Sacha (Jakutien) in der RF und der Republik Turkmenistan.“ Katrin Heinritz lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in der Nähe von Mönchengladbach.

Weitere Interessante Webseite (Reisebicht aus 2005) : http://www.motornomads.de/silk/index.php?m=2005&w=25

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